Diversität und Politik
- weberwaldweiler
- 15. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
Auch wenn ich eigentlich ein eher unpolitischer Mensch bin, komme ich bei dem Thema meines Blogs nicht um die Politik herum. Gerade in der heutigen Zeit ist Diversität ein wichtiges politisches Thema und wird von vielen Parteien und Staatsoberhäuptern genutzt um Wählerstimmen zu bekommen. Leider ist die Folge dieser Diskussionen oft eine Radikalisierung, sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung.
In der Psychologie kennt man dieses Scherenprinzip sehr gut, es tritt häufig in allen möglichen Beziehungen zwischen Menschen auf und besagt, dass, je mehr sich eine Person von der Mitte weg in eine extreme Richtung bewegt, umso mehr bewegt sich die andere Person in die entgegengesetzte Richtung. Wenn z.B. ein Elternpaar aus einer strengen und einer milden Person besteht, so wird die strenge Person immer strenger werden, je milder sie die andere Person erlebt, was wiederum dazu führt, dass die milde Person noch milder agieren wird. Die Lösung ist offensichtlich: Die strenge Person muss milder werden und die milde Person strenger. Doch einfach ist diese Änderung nicht, denn sie widerspricht dem eigentlichen Antrieb der Person.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf die aktuelle Lage der LGBTQ+-Bewegung übertragen. Je offener mit dem Thema Diversität umgegangen wurde, je mehr Rechte und Gesetzesänderungen es gab, umso radikaler und lauter wurden die Stimmen der LGBTQ+-Gegner. Und um so lauter und radikaler die Stimmen gegen Diversität wurden, umso radikaler und lauter wurden auch die Forderungen der Vertreter der LGBTQ+-Bewegung. Auch hier gilt: die Lösung liegt darin sich aneinander anzunähern. Doch davon sind wir heute leider noch weit entfernt und man muss auch anerkennen, dass die Auseinandersetzung noch sehr unfair abläuft, da die Vertreter des Gegenlagers sehr viel mehr Macht haben, als die der Befürworter der Diversität. Ein Beispiel ist der neue Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump.
Seit seinem erneuten Amtsantritt im Januar hat Donald Trump schon mehr als 50 Dekrete erlassen, von denen viele gegen Diversität und die LGBTQ+-Bewegung gerichtet sind. Trump unterschrieb ein Dekret in dem Transgender-Frauen und -Mädchen die Teilnahme an jeglichem Frauensport untersagt wird, ein Dekret in dem er Geschlechtsumwandlungen für Personen unter 19 Jahren zu beenden und zu kriminalisieren versucht, drei Dekrete in denen er darauf hinarbeiten will, die Diversität aus dem amerikanischen Militär zu verbannen und ein Dekret in dem offiziell festgehalten wird, dass es ausschließlich zwei Geschlechter gibt, männlich und weiblich. Außerdem sorgte er für die Rücknahme von 78 Biden-Ära Dekreten, von denen mindestens ein Dutzend die Unterstützung der Rassengleichheit und den Kampf gegen die Diskriminierung von homosexuellen und transgender Personen betrafen. All das in nur einem Monat – man kann nicht anders als sich fragen, wo das in (hoffentlich „nur“) 4 Jahren Amtszeit noch hinführen wird. Unterstützt wird der amerikanische Präsident dabei von mächtigen Menschen aus der Wirtschaft, also Menschen mit viel Geld und Einfluss. Schaut man sich nun die Vertreter der Gegenseite an, so ist schnell klar – das ist ein unfairer Kampf. Zwar zeigen Studien immer wieder, dass die Mehrheit der Menschen sich für Diversität und gegen Diskriminierung ausspricht, doch haben die meisten dieser Menschen eben nicht dieselbe Macht und nicht den selben Einfluss, wie ein Donald Trump oder ein Elon Musk. Umso wichtiger ist es, dass wir uns bemerkbar machen und unsere Meinung vertreten – doch ohne radikale und aggressive Stimmungsmache, sondern mit Argumenten und Verständnis für Ängste und Hemmnisse. Darüber hinaus ist es wichtig, dass wir Menschen aller Art sichtbar machen. Sie müssen in allen Bereichen des Lebens genauso selbstverständlich dazugehören, wie alle anderen. Jemand, der ständig mit homosexuellen, transgender oder farbigen Personen zu tun hat, wird sie irgendwann nicht mehr als anders wahrnehmen, sondern wird es als normal ansehen, dass es eben all diese Arten von Menschen gibt.
Doch nicht nur in den USA werden queerfeindliche Beschlüsse erlassen. Schaut man sich die Nachrichten an, so findet man zahlreiche Hinweise auf queerfeindliche Regierungen und Gesetzesänderungen.
So gab es gerade erst Proteste von mehr als 600 000 Menschen in Argentinien, die sich gegen die LGBTQ-feindliche Politik ihrer Regierung aussprachen. Ausgelöst wurden die Proteste durch eine Rede des Präsidenten Milei, in der er homosexuelle Paare unter anderem als pädophil bezeichnete. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die argentinische Regierung plant, Genderquoten und die Möglichkeit ein drittes, nicht-binäres Geschlecht in Ausweisdokumenten anzugeben, abzuschaffen.
In Georgien wurde letztes Jahr ein Gesetz beschlossen, dass Geschlechtsangleichungen oder Adoption durch Homosexuelle verbietet und im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen für ungültig auf dem georgischen Staatsgebiet erklärt.
In Shanghai musste 2024 ausgerechnet im Pride Monat Juni das „Roxie“ schließen – eine Bar, die als einer der letzten sicheren Treffpunkte für lesbische Frauen galt. Die Bar wurde von den chinesischen Behörden als „zu feministisch“ angesehen.
Eine Klage gegen ein Gesetz in Uganda, das homosexuelle Handlungen kriminalisiert und lebenslange Haft bis hin zur Todesstrafe vorsieht, wurde letztes Jahr vom Verfassungsgericht in Uganda abgelehnt.
Schon Ende 2023 wurde in Russland von der Regierung ein Verbot der „LGBTQ-Bewegung“ beim Obersten Gericht des Landes beantragt.
Und so geht es immer weiter, positive Nachrichten, wie die Legalisierung der Ehe für alle in Thailand, unabhängig vom Geschlecht, finden sich nur selten.
Und auch in Deutschland werden inzwischen Anti-LGBTQ+-Forderungen in der Politik immer deutlicher und lautstarker gestellt. So findet sich im Wahlprogramm der AfD gleich zu Beginn des Kapitels „Familie und Demografie“, die Definition von Familie als „Vater, Mutter und Kinder“. Außerdem finden sich Aussagen wie „Die zwei Geschlechter sind eine biologische Tatsache“ und es wird gegen „Trans-Kult, Frühsexualisierung und Genderideologie“ gewettert. Auch eine vollumfängliche Rücknahme des Selbstbestimmungsgesetzes wird gefordert. Nun dürfte den meisten inzwischen die Position der AfD zu diesen Themen bekannt sein, doch findet sich die Forderung zur Rücknahme des Selbstbestimmungsgesetzes nicht nur bei der AfD – auch CDU/CSU lehnen das Gesetz ab. Wer sich für die Positionen der deutschen Parteien zu queerspezifischen Themen interessiert, kann sich z.B. beim LSVD die Antworten der Parteien auf queerpolitische Fragen anschauen.
Ich möchte hier nicht für eine Partei werben oder ein politisches Statement abgeben. Ich möchte mich für ein Aufeinanderzugehen aussprechen. Lasst uns die Schere Schritt für Schritt schließen, indem wir vernünftige Diskussionen führen und uns nicht in radikalen Äußerungen und Verteufelungen verlieren und indem wir Anerkennen, dass eine Änderung immer mit Schwierigkeiten verbunden ist, die wir gemeinsam angehen müssen.
Kommentare